Museum „Altes Handwerk am Bau” 

Das Muse­um empfängt seine Besuch­er im rück­wär­tige Gebäude des tra­di­tion­sr­re­ichen Brauereigasthofes und Hotels mit gle­ichem Namen. Im Mit­telpunkt ste­ht die Entwick­lungs­geschichte des alten Bauhandw­erkes. Inter­es­sant sind auch die Reste ein­er der ältesten Brauereien Bay­erns aus dem 17. Jahrhun­dert sowie bedeu­tende Exponate zur Stadt­geschichte von Hilpoltstein.

Erste Siedler

Nach­dem bere­its steinzeitliche Jäger und Samm­ler das Gebi­et um Hilpolt­stein durch­streift hat­ten, besiedeln ab dem 6. Jahrtausend v. Chr. die ersten jung­steinzeitlichen Bauern das Land. Bis ins frühe Mit­te­lal­ter hinein hat die europäis­che Wasser­schei­de einen wichti­gen Ein­fluß auf die Besied­lung, denn der Trans­port und Han­del über die Flußläufe war hier unterbrochen.

Lan­desaus­bau

Im 7./8. Jahrhun­dert set­zt im Hilpolt­stein­er Land der Lan­desaus­bau mit ein­er Vielzahl neuer Orts­grün­dun­gen ein. Die bis dahin unbe­siedel­ten und ertragsar­men Sandge­bi­ete des Keu­per­lan­des wur­den urbar gemacht und der später Hilpolt­stein genan­nte Ort gegründet.

Als Gren­zraum zwis­chen dem fränkischen Reichs­ge­bi­et und dem bairischen Her­zog­tum gehörte die Region nominell zum baierischen Nordgau. Nach Grün­dung des Bis­tums Eich­stätt wurde die Ver­wal­tung des Gebi­etes den Bis­chöfen übertragen.

Auf­stieg des Bürgertums

Während des hohen Mit­te­lal­ters nahm Hilpolt­stein, 1264 erst­mals urkundlich erwäh­nt, einen ras­an­ten Auf­schwung. Die Bur­gan­lage und die Stadt­be­fes­ti­gung wur­den ab dem 11. Jahrhun­dert in Stein ausgebaut.

Aus­gerichtet sind Burg und Stadt auf eine bedeu­tende Han­delsstraße zwis­chen Ober­i­tal­ien und Nürn­berg. die mit­ten durch die Stadt führt. Der Fern­han­del mit hochw­er­ti­gen Gütern bis in den Ori­ent brachte den Patriziern Wohl­stand. Im Schutz der Geleitzüge zogen auch viele Pil­ger zoll- und abgaben­frei zu den großen Wall­fahrt­sorten: Hilpolt­stein ist in dieser Zeit die bedeu­tend­ste und größte Stadt zwis­chen Eich­stätt und Nürnberg.

Das späte Mit­te­lal­ter war in Hilpolt­stein eng mit den neuen Stadther­ren, den bairischen Herzö­gen und dem Auf­stieg des Bürg­er­tums ver­bun­den. Die alten Stein­häuser mußten stat­tlichen Fach­w­erk­baut­en weichen, von denen viele bis heute erhal­ten sind.

Für das Jahr 1542 sind in Hilpolt­stein 189 Hof­stät­ten belegt, die von ver­schiede­nen Händlern, Handw­erk­ern und Gast­wirten bewohnt wer­den. Viele von Ihnen leben von den durchziehen­den Reisenden und Fern­händlern. Daneben beste­hen im 16. Jahrhun­dert noch vier von allen Abgaben befre­ite Ansitze des städtis­chen Patriziats.

Hilpolt­stein­er Ölberg

Die gezeigten Fig­uren haben eine lange Odyssee hin­ter sich: von F.X. Buch­n­er 1449 erst­mals erwäh­nt („bei S. Georg außer­halb der Stadt”), wurde der Ölberg im Zuge der Säku­lar­i­sa­tion 1803 abge­brochen, verkauft, der Kirche ges­tiftet, 1844 an der Süd­wand der Pfar­rkirche neu aufgestellt, dann an die West­wand der St. Sebas­tian­skapelle ver­set­zt und von dort 1948 wegen Umbauar­beit­en ein­ge­lagert, um schließlich ab 1993 restau­ri­ert und im Muse­um Schwarzes Roß aufgestellt zu werden.

Fach­w­erk­bau

Die Abteilung skizziert die Errich­tung von Fach­w­erkge­bäu­den, von der Gewin­nung des Bauholzes über die Auf­stel­lung bis hin zum Innenaus­bau, und zeigt die wichtig­sten Arbeitss­chritte, Tech­niken und Geräte, wie sie in den Jahrhun­derten vor 1950 im Holzbau üblich waren. Danach hielt die Mech­a­nisierung und Motorisierung auch im Holzhandw­erk Einzug.

Noch bis weit in das 20. Jahrhun­dert hinein wur­den die im Wald anfal­l­en­den Arbeit­en, speziell das Holzfällen zwis­chen Mar­ti­ni und Mitte Feb­ru­ar, meist von den Zim­mer­leuten über­nom­men. Auch heute noch ist das Baum­fällen im Win­ter üblich. Wo immer dies möglich war, wur­den die Stämme auf Bach­läufen zum Zim­mer­platz oder zu den Sägew­erken geflößt.

Die vielfältige und inten­sive Nutzung führte im Laufe des späten Mit­te­lal­ters und der frühen Neuzeit zu einem gewalti­gen Raub­bau an den Wäldern. Unser heutiges Wald­bild geht daher im wesentlichen auf die großflächi­gen Auf­forstungs­maß­nah­men des 19. und 20. Jahrhun­derts zurück.

Die gezeigten Werkzeuge aus der Samm­lung von Wal­ter Mehl stam­men meist aus der Zeit zwis­chen der Mitte des 19. und der Mitte des 20. Jahrhun­derts. Ihre For­men haben sich über Jahrhun­derte hin­weg kaum verändert.

Holzhandw­erk

Das Arbeits­feld des Zim­mer­manns umfaßt alle Holzarbeit­en. Ab dem 13. Jh. ent­standen durch Spezial­isierung ver­schiedene Holzhandw­erke: Wag­n­er, Holz­bild­hauer und Kistler, später Bau- und Möbelschrein­er. Abgren­zungss­chwierigkeit­en zwis­chen den einzel­nen Berufen führen bis ins 19. Jahrhun­dert hinein immer wieder zu städtis­chen Verord­nun­gen, um Stre­it­igkeit­en zu schlichten.

Die ältesten erhal­te­nen Fach­w­erkhäuser in Deutsch­land stam­men aus der zweit­en Hälfte des 13. Jahrhun­derts. Zwei grundle­gend ver­schiedene Bauweisen waren damals bekan­nt: der Stock­w­erks- bau, bei dem jede einzelne Etage für sich abgez­im­mert ist, und der Geschoßbau. Bei ihm reichen die tra­gen­den senkrecht­en Stän­der vom Erdgeschoß bis zur Traufe. Nicht sel­ten wur­den Fas­saden ver­putzt, um die aufwendi­gere Stein­bauweise vorzutäuschen.

Schreinerei

Die typ­is­chen Schrein­er­w­erkzeuge wur­den ab dem 13. Jahrhun­dert für die Möbel­pro­duk­tion entwick­elt: es gab immer neue Werkzeug­typen und ‑for­men, etwa bei den Hobeln. Heute sind die meis­ten dieser Geräte aus den Werk­stät­ten ver­schwun­den, und auch die alten Holzverbindun­gen wur­den durch die Ver­wen­dung von Nägeln und Schrauben fast voll­ständig verdrängt.

Stein­bau

Die wichtig­sten Handw­erk­er des Stein­baus sind Stein­metz und Mau­r­er. Als eigen­ständi­ge Berufe ent­standen sie während des hohen Mittelalters.

Der Mau­r­er ist in erster Lin­ie für den Bau von Bruch- und Haustein­mauer­w­erk zuständig. Er fügt das Mauer­w­erk, fugt es aus und ver­putzt zulet­zt die Wände. Der Stein­metz fer­tigt im Stein­bruch als Vorschläger grobe Hausteine und ver­ar­beit­et diese auf der Baustelle zu Werk­steinen. Auch das Ver­mauern der Quad­er gehört zu seinen Auf­gaben. Für den Bauschmuck war ein speziell aus­ge­bilde­ter Stein­metz, der Stein­bild­hauer, zuständig.

Back­steine, Ziegel und Kalk wer­den vom Ziegler und Kalk­bren­ner geliefert. Die wichtige Auf­gabe des Mörtelmis­chens liegt in den Hän­den des Mörtel­rührers. Für das Ver­putzen und Kalken der Wände bildet sich ein eigen­ständi­ger Beruf­szweig her­aus, der Putzer und Tünch­er. Stuck­w­erk und Bemalun­gen sind tra­di­tionelle Gew­erke der Gipser, Stukka­teure und Maler.

Die Abz­im­merung des Dachw­erks und die Anfer­ti­gung von Arbeit­strep­pen, Gerüsten, Krä­nen und Ver­schalun­gen übernehmen die Zim­mer­leute. Den Mate­ri­al­trans­port zur und auf der Baustelle sowie die gesamten Erdar­beit­en wer­den von Hil­f­skräften und Tagelöh­n­ern bewältigt.

Ziegel und Kalk

Ziegeleien siedeln sich dort an, wo geeignete Tone und aus­re­ichend Bren­n­ma­te­r­i­al zur Ver­fü­gung ste­hen. Die Ziegel wer­den sowohl in Meil­ern als auch in kleinen Bren­nöfen gebran­nt, im 16. Jahrhun­dert set­zen sich große Schachtöfen durch.

Zur Her­stel­lung von Kalk­mör­tel, wichtig­stes Bindemit­tel des his­torischen Stein­baus, benötigt man große Men­gen an Kalk. Er wird aus Kalk­steinen gewon­nen, die vom Kalk­bren­ner im Feuer aus­geglüht („gebran­nt”) wer­den. Vor sein­er Ver­wen­dung als Mör­tel oder Putz wird der Kalk in Wass­er aufgelöst („gelöscht”).

Bis ins 19. Jahrhun­dert hinein wur­den die meis­ten Wände nach dem Ver­putzen nur mit weißer Kalk­farbe gestrichen. Kirchen­räume, öffentliche Gebäude und Büger­häuser hinge­gen erhiel­ten vor allem in der Barockzeit plas­tis­chen Gipsschmuck.

Mar­i­onet­ten aus Böhmen

Mar­i­onet­ten begeis­tern Men­schen in vie­len Kul­turen. Die Schw­erkraft set­zt ihnen keine Gren­zen, und trotz ihrer unbe­weglichen Gesichter kön­nen sie Emo­tio­nen aus­drück­en. Diese Fasz­i­na­tion inspiri­erte Ani­ta und Hart­mut Naefe zu ihrer umfan­gre­ichen Sammlung.

Die Fam­i­lie Michl stellte als Fam­i­lien­be­trieb in Taus (Doma­zlice) am Fuße des Böh­mer­waldes Bürsten her. Josef Michl (1849–1912) schnitzte im Neben­er­werb Mar­i­onet­ten, sein Sohn Bedrich Michl (1888–1950) set­zte diese Tra­di­tion fort. Viele Mar­i­onet­ten der Ausstel­lung stam­men aus dem Besitz der Fam­i­lie Michl.

Das Mar­i­onet­tenthe­ater war zunächst ein The­ater für Erwach­sene. Die fahren­den Pup­pen­spiel­er bracht­en Stücke von Shake­speare und Moliere, ja sog­ar Opern zur Auf­führung. Auch die Erzäh­lung von Dok­tor Faust war ein gern gegebenes Stück. Die berühmteste Fig­ur ist sicher­lich der Kasperl, in Tschechien Kaspárek oder Pim­per­le genan­nt: ursprünglich ein der­ber Spaß­mach­er mit vor­lautem Mundw­erk, der auch vor ungezügel­ter Sozialkri­tik nicht Halt machte, wurde später ein zunehmend harm­los­es und lustiges Kerlchen aus ihm.

Burgmod­ell

Ein Mod­ell der Burg Hilpolt­stein im Bauzu­s­tand von 1270 run­det den Muse­ums­be­such ab.

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Anfahrt und Kontakt 

Altes Handwerk am Bau

Mark­t­straße 10, 91161 Hilpoltstein
09174–978-507, museum@hilpoltstein.org
Mai bis Okt: Di-So+Ft 13–17 Uhr
Nov bis April: So+Ft 13.30–16.30 Uhr
www.hilpoltstein.de
Besuch­stag: 18. Okto­ber 2022
Autor: Rain­er Göttlinger